"Wir haben tatsächlich die Köpfe. Wir haben das Know-how. Wir haben das Kapital. Aber unser Land steht sich zu oft selbst im Weg", kritisierte Lindner in der Parteitagsrede. "Wir müssen uns selbst den Weg freigeben, denn wir haben keine Zeit zu verlieren."
Wirtschaftlicher Niedergang ist aus Lindners Sicht auch ein Risiko für die Demokratie. Menschen mit dem Gefühl, sie seien von Abstieg bedroht oder andere kämen leichter voran als sie selbst, würden kritisch die demokratischen Rahmenbedingungen hinterfragen. "Die Wirtschaftswende ist das beste Demokratiefördergesetz, das man haben kann."
Kritik an den Ampel-Partnern bleibt insgesamt verhalten
FDP-Vize Wolfgang Kubicki rief die Partner SPD und Grüne zu Gesprächen über das FDP-Konzept auf. "Ich kann nur dringend von hier aus appellieren: Nehmen Sie die Gespräche mit uns auf. Denn wenn nicht gesprochen wird, wird es auch keine Zukunft dieser Koalition geben." Ein Aufkündigen der bei vielen an der FDP-Basis unbeliebten Koalition war beim Parteitag aber kein Thema. "Raus aus der Ampel" war nur von einem Delegierten zu hören - Beifall erhielt er dafür nicht. Die FDP-Kritik an einzelnen Projekten der Ampel wie am Konzept der Kindergrundsicherung von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) ging nicht über das übliche Maß hinaus.
Strack-Zimmermann knöpft sich von der Leyen vor
Während die FDP das Koalitionsklima erkennbar nicht weiter strapazieren wollte, schoss sie umso auffälliger gegen die Union. Ein Grund ist sicher der laufende Europawahlkampf, ein anderer, dass die FDP-Spitze annimmt, Wählerpotenzial vor allem an CDU/CSU verloren zu haben, das es zurückzuholen gilt.
Der FDP-Vorsitzende machte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) für den überbordenden Verwaltungsaufwand in Unternehmen verantwortlich. "Bürokratiestress in unserem Land hat einen Vornamen: Und der ist Ursula." Bundesjustizminister Marco Buschmann ergänzte: "Ich kann gar nicht so schnell im Bundesrecht Bürokratie abbauen, wie sie Ursula von der Leyen hinterher produziert."
Auch Europa-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nahm sich von der Leyen vor. "Im IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl haben nur fünf Prozent der deutschen Industrieunternehmen gesagt, die EU sei in den vergangenen fünf Jahren als Standort attraktiver geworden", sagte sie. "Wie kann man sich nach einem solchen Misstrauensvotum unserer Wirtschaft einfach zur Wiederwahl als Kommissionspräsidentin stellen wollen?"